Irgendwann später lag sie nur noch schluchzend in meinem Arm. Und irgendwann hörte auch das Schluchzen auf.

„Jesus, ich könnte eine Zigarette gebrauchen.“

Weiber. Manchmal müssen sie einfach nur alles rauslassen und ein paar Liter später merkt man nicht einmal mehr, dass irgendwas war. Ich beobachtete sie, wie sie ihren unglaublichen Körper in meinen Mantel hüllte. Zum millionsten male schüttelte ich den Kopf über sie – es war einfach nicht fair. Aber ich wäre sowieso nicht ihr Typ gewesen. Trotzdem, es war einfach Sünde, dass in diesem Körper eine Lesbe steckte.
Aber ich werde den Teufel tun und ihr etwas davon erzählen. Ich habe einmal vor langer Zeit zu ihr gesagt, dass sie vielleicht mal eine Behandlung oder so etwas bekommen mußte. Sie ist völlig explodiert und hat mir eine geknallt, dass ich Sterne sah. Unter diesem phantastischen Körper stecken auch jede Menge Muskeln. Das alles ist jetzt Jahre her und hat sowieso nichts damit zu tun, wie wir uns befreien konnten.

„Du hast uns eine Menge Ärger eingebrockt, Marv. Wer auch immer dahinter steckt, er hat bis in die Behörden Verbindungen. Hast du irgendeine Idee?“

Ich hing zwei Meter über Ihr an der Fenstervergitterung und versuchte sie vergeblich herauszubrechen. „Joup, ich habe ein bisschen geschnüffelt.“

„Ein Typ, mit dem ich mich unterhalten habe, meine Roark wär der Boss.“

„Das muss Unsinn sein.“ Ihre Stimme klang unsicher, es war auch verdammt unwahrscheinlich. Ich war mir selber ja auch nicht sicher.

„Nur das was ich gehört habe.“

„Nun, wer auch immer es ist, er hat mitbekommen, dass ich nach der toten Nutte gesucht habe, beinahe bevor ich das wußte.“

„Was für eine Nutte?“

„Die, der Du so hinterher trauerst. Die Tote. Goldie.“

Der Name war wie ein Schlag ins Gesicht. Ein mächtig heftiger Schlag ins Gesicht. So einer mit Schlagring und viel Wucht. Eigentlich auch wie zwei Schläge. Ich gehöre nicht zu den Leuten, die schnell verstehen. Eigentlich hätte es mir in der Kirche schon auffallen sollen. Aber da habe ich es einfach für eine Beleidigung gehalten. Goldie war eine Prostituierte. Aber sie sah nicht aus wie eine vom Straßenstrich. Sie war edel, so etwas, das jemand wie ich sich nie leisten könnte. Warum wurde sie dann umgebracht? Und wieso hatte sie soviel Angst?

„Das wusste ich nicht. Es macht auch keinen Unterschied.“

„Sie war etwas sehr exklusives.“ Danke Luci, das war mit klar. „Es muss ziemlich schön für Dich gewesen sein.“

„Reden wir von was anderem, okay?“ Mein Tonfall war sehr scharf. Aber das Gerede jagte Eisstürme durch meinem Magen. „Erzähl was über ihn. Den Typen, der sich in mein Zimmer geschlichen hat und Goldie getötet. Und die das Angetan.“

„Ich gar nicht mitbekommen, was passiert ist. Ich war auf dem Weg zum Auto, das ist alles woran ich mich erinnern kann. In der Küche wachte ich auf, völlig gelähmt. Ich roch gebratenes Fleisch. Er hat sie abgeschnitten, bevor ich aufwachte. Meine Hand meine ich. Es hat nicht einmal wehgetan.“ Die ganze Zeit taxierte sie abwesend die Köpfe an der Wand. So als würde sie sich Fotos anschauen. Oder Gemälde. Mein Gott, sie hängen da wie Kunstwerke. Wahrscheinlich glaubt der Typ noch, es wären welche. Alles ausgesucht schöne Frauen. Jede einzelne Begehrenswert, soweit man das erkennen konnte. Aber zweifelsohne waren es zu Lebzeiten Frauen, für die ein Mann alles gegeben hätte, sie zu besitzen. „Dann musste ich zusehen, wie ich bereits sagte, ...“

„Sei mal still.“ Sie drehte sich entsetzt um. Sie musste mich falsch verstanden habe. „Es kommt ein Auto. Ein V8. Und er kommt schnell...“.

Bereits in der Ferne hörte man das Auto hupen. Irgend jemand hatte es da furchtbar eilig. „Kevin!“ rief eine Stimme aus dem Wagen. „Kevin, komm schnell!“.

Warum hatte er mich nicht umgebracht? Für wen arbeitete er? Keine Antworten, alles was ich hatte war ein Gesicht. Und einen Namen. Ich sah Kevin nach, wie er zu dem Auto lief, das mittlerweile in einiger Entfernung geparkt hatte. Bis später Kevin...

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