Nur Fliegen sind schöner
Es gibt Tage, da ist man morgends richtig fröhlich. Gut gelaunt möchte man es angehen und denkt sich, das wird ein guter Tag.
An so einem Tag bin ich mal morgends aus dem Haus gegangen. Ich wollte nach Seoul fliegen. Okay, ich bin etwas verpeilt, ich gebe es zu, daher habe ich mir etwas Zeit gelassen ein Flugticket zu kaufen. Dummerweise gab es dann keine Direktflüge mehr. Aber London ist ja auch schön. Dachte ich.
Also, am Vorabend schön die Koffer gepackt. Eine richtig schwere Taschen, man will ja für alles vorbereitet sein. Mehrere Anzüge. Hemden. Unterwäsche (gaaanz wichtig, ist heiß dort, also besser mehr als einen Satz mitnehmen!). Nicht zu vergessen den Kram zum waschen (darf ja alles nicht mehr ins Handgepäck). Oh ja, Werkzeug (ist eine Messe, da braucht man sowas und darf auch nicht ins Handgepäck auch wenn ich denke: was macht schon so eine Brechstange oder zwei für einen Unterschied?). Bücher (könnte langweilig werden) und und und. Alles lebensnotwendige Sachen.
Mein Packwut macht irgendwann das schiere Volumen des Koffers ein Ende und ich verzichte schweren Herzens auf die Espressomaschine und den Heimtrainer.
Die freundliche Damen am Checkin macht mir dann klar, das ihr das völlig egal ist ob ich all diese Dinge brauche und ansonsten noch auf dem Flug sterben werde. Statt dessen weisst sie mich darauf hin, das diese Wahrscheinlichkeit nicht gegeben ist, wenn ich nicht umgehend 350 EURO für das Übergepäck abdrücke oder gefälligst 10 kg aus meinem Koffer werfe. Diese Unverschämtheit konnte ich als zahlender Kunde natürlich nicht auf mir sitzen lassen, super-sparpreisticket hin oder her. Da die Damen am Schalter nicht Kooperationsbereit war schrie ich natürlich nach ihrem Vorgesetzen, welcher auch in der Gestalt eines kleinen untersetzen Menschen mit drei Tagebart und Warnweste auftauchte. Damals habe ich sein lässiges Auftreten noch bewundert, heute frage ich mich ob es nicht doch einer einer jener Kofferkulis war, denen er so ähnlich sah. Ich konnte jedenfalls micht durchsetzen und nach zähem Ringen einigten wir uns auf einen Kompromiss. Nachdem ich 12 kg aus meinem Gepäck genommen hatte, selbiges für 520 EUR zu mir nach Haus geschickt habe - leider konnte ich keinen Karton kaufen, daher musste ich an dem einzigen Koffergeschäft das Koffer verkaufte die die Post annahm eine Louis Vittontasche erstehen - bekam einen Platz direkt an den Toiletten und musste für die restlichen 5kg Übergepäck nur noch 120 EUR zahlen.
Vielleicht sollte ich dazusagen das zwischenzeitlich zweimal die Polizei da war die versuchte mich mit Waffengewalt vom Flughafengelände zu entfernen. Nur dank hartnäckigem 'Hilfe-Entführung'-Schreiens sowie dem anstehenden Schichtwechsel konnte ich ihnen entkommen und wieder zum Check-in vordringen.
Immerhin konnte ich meinen Fliege rechtzeitig erreichen und dank meines Verhandlungsgeschickes habe ich an der Sicherheitskontrolle nur meinen Autoschlüssel abgeben müssen und durfte sogar meinen Hausschlüssel behalten. Leider fehlt mir seitdem nicht nur mein Schweizer Messer, die Batterie von meinem Laptop, meine Armbanduhr und auch mein Gürtel wurde als Waffe eingestuft und durfte nicht mit. Haupsache es geht los.
Keine zwei Stunden später landeten wir in Heathrow. Das Gepäck war ja schon sicher durchgecheckt, so das ich mir locker mit einer Hand meine Hose hochhalten konnte (der Gürtel war ja noch in Frankfurt) und mit der anderen meinen Rucksack tragen (leider ist selbiger auch in Frankfurt in der Röntgenmaschine hängengeblieben und die Trageriemen sind abgerissen, daher konnte ich ihn nur per Hand tragen). Frohen Mutes ging ich zum Schalter für meine neue Bordkarte. Zwei Stunden vor Weiterflug sollte es ja möglich sein noch ein bischen zu shoppen.
„Bingo“ dachte ich bei mir, nur zwei Leute vor mir. Asiaten, sicherlich genügsam, diskutieren nicht rum. Und der Typ hinter dem Schalter Marke „Dynamisch, aufstrebend“. Da konnte gar nichts schiefgehen, ich sah mich drei Minuten später elegant durch die Duty-Frees schlender.
80 Minuten später war nur noch ein Passagier vor mir. Dieser war mittlerweile ähnlich nervös wie ich. Der „jung dynamische“ checkin-Agent entpuppte sich als extrem unfähiger Volltrottel der für jeden Tastendruck etwa zwei Minuten brauchte und dann nichteinmal ausreichend Zugriffsrechte im System hatte um eine Bordkarte auszustellen. Nach etlichen Beschwerden von mir und meine Mitreisenden kam auch sein Vorgesetzter dazu. Leider verbrachte er 30 Minuten damit uns zu erklären warum er auf keinen Fall helfen kann und die Sache beschleunigen, nämlich aus dem Grund weil der junge Mitarbeiter das ja lernen müsste und sonst würde das nie klappen. Das wir unsere Flüge eventuell nicht bekämen perlte an dem plötzlich des englischen nicht mehr mächtigen Mitarbeiters ab wie Wasser auf einer frisch gewachsten Frontscheibe.
Rennen und schnaufend, eine Hand immer die Hose hochhaltend die allerdings durch den Schweiss der mir mittlerweile durch alle Poren troff fast von selber hielt, erreicht ich das Gate. Ich gebe zu das mir das vor Ekel verzogene Gesicht der Sicherheitsbeambten die mich abtasten musste und dabei leider auch in meine Urwald-nassen wohlriechenden Achseln greifen mussten habe ich genossen. Das ist die wahre Rache des kleinen Mannes.
Endlich im Langstreckenflug angekommen konnte ich ausruhen. Dank nicht zu unterschätzendem Knoblauchgehalt der koreanischen Küche fiel mein Körpergeruch nicht übermäßig auf. Oder die sprichwörtliche Koreanische Höflichkeit machte es möglich mich nicht darauf hinzuweisen.
Es war zwar ein wenig auffällig wie oft ein Steward oder eine Stewardess bei mir mit Erfrischungstüchern vorbeikam, aber hey, das ist einfach Service.
Nach einem endlosen Flug wartete ich freudig auf mein Gepäck am Gepäckband. Wohl wissend das es seine Zeit braucht bis dieses aus dem Flieger geholt ist, hatte ich mir Zeit gelassen. Als einer der letzten erreichte ich das Gepäckband. Die meisten anderen Mitreisenden waren schon gegangen.
Bald stand ich alleine am Gepäckband. Just in dem Moment als ich dachte „jetzt müsste es aber mal kommen“ blieb das Band stehen. Nur ohne mein Gepäck. Das konnte nur heissen das man mir das Gepäck persönlich bringen würde. Es kam auch sofort ein Mitarbeiter auf mich zu. Da ich als kosmopolit natürlich weiss das man im Ausland niemals zeigen darf das man die Eingeborenensprache nicht spricht habe ich den Kerl immer nett angelächelt und auf jede seiner Fragen zufällig genickt oder den Kopf geschüttelt und dazu immer wissende Geräusche wie „Aah“, „Mmmh.“, „Tststs“ gemacht. Irendwann hielt er mir ein Formular unter die Nase und fragte nach meinem Hotel. Nicht ganz sicher sagte ich ihm den Namen der Kette und weil er immer weiter fragte schaute ich ihn böse an bis er endlich aufgab. Offensichtlich sollte ich das Dokument unterschreiben, was ich natürlich auch tat. Anscheinend wollte man mein Gepäck direkt ins Hotel bringen, damit ich mich damit nicht abmühe. Einfach ein toller Service!
Im Hotel musste ich dann erfahren das es wohl ein Missverständnis gegeben hatte. Interessanterweise war mein Gepäck gar nicht im Hotel, es war noch nicht einmal in Korea. Stattdessen lag es wohl irgendwo in London. Wollte sich wohl die Stadt anschauen.
Aber kein Problem, das Hotel bietet ja eine Wäscherei an. „Schnellservice“ steht drauf, 4 Stunden rund um die Uhr. Klingt gut, also raus aus den verschwitzen Klamotten, rein in den flauschigen Bademantel. So müssen sich reiche Leute fühlen, lassen die anderen Nachts arbeiten während man selbst den Schlaf des Erfolgreichen schläft.
Am nächsten Morgen wollte mich das Hotel anscheinend nicht wecken, da meine Kleidung noch nicht zur bestellten Uhrzeit da war. Naja, erst mal Duschen, wird schon ankommen. Nach einer ausgiebigen Dusche rief ich dann am Empfang an und teilte ihnen mit das ich nun wach wäre und man mir meine Kleidung bringen möge.
Dies führte leider zu gewissen Irritationen, da meine Kleidung offensichtlich gar nicht am Empfang angekommen war. Das konnte ich natürlich nicht akzeptieren und bestand auf eine bevorzugte Behandlung und sofortige Erledigung des Problems – schliesslich war ich ja Gast. Der Empfangschef schlug mir nach einigen Telefonaten vor doch erst mal zu Frühstücken was ich dankbar annahm. In meinem Bademantel ging ich somit an das Frühstücksbuffet und lud mir ordentlich was auf den Teller. Dabei vergas ich das ich a) einen schlechten Hotelbademantel anhatte, dessen Gürtel nicht hielt und b) ausser dem Bademantel rein gar nichts anhatte.
Die Tatsache das ich beim inspizieren des Buffets es irgendwie schaffte durch den klaffenden Bademantel mit meinem Glied an die heiße Suppe zu kommen, durch den plötzliche Schock so stark zurückwich, das ich mit dem Ärmel an der für die Spiegeleier gedachten Schale mit Rohen Eiern hängenblieb, diese auf den Boden riss und – da mein Arm plötzlich vom Ballast der Eier befreit war – wiederum in der Aufwärtsbewegung die besagte Suppe umkippte, mir genau auf den Bademantel. Da die Suppe gefühlte 390°C hatte riss ich mir aus purem Selbsterhaltungstrieb den Bademantel vom Leib und hüpfte schreiend vor Schmerz quer durch den Frühstückssaal.
Die zwei netten Herren des Hotel-Sicherheitspersonals – einer leihte mir sogar eine Jacke um mich notdürftig zu bedecken – schienen nicht so ganz zu wissen ob sie mit den Schlagstöcken mich oder ob meines Anblickes lieber sich selber K.O. schlagen möchten. Zurück im Hotelzimmer wartet auch die wiedergefundenen Klamotten auf mich – die Hose leider mit einem unschönen Brandfleck auf dem Hosenboden – und nach einer weiteren Dusche (sehr vorsichtig und kühl vor allem in der Leistengegend) konnte ich meine Sachen soweit anziehen, das ich dem Tag entgegensehen konnte.
Mein Koffer sollte zwar erst ein paar Tage später kommen, aber ab diesem Tag wurde immer freundlich gefragt ob ich etwas zu reinigen hätte und man holte es ab und der Empfangschef brachte es noch persönlich am selben abend herauf. Er bestand sogar darauf das ich nur in meinem Hotelzimmer frühstücke, was mir wohl den Aufenthalt angenehmer gestalten sollte.
Ich kann einfach nur sagen, das war ein wunderbarer Aufenthalt und ich habe die Menschen dort so liebgewonnen. Sogar zu meiner Abreise wurde ein Wachmann des Hotels mitgeschickt, der meinen Weg durch die Sicherheitsschleuse mit seiner Kamera gefilmt hat, wohl ein Andenken an die schöne Zeit die wir zusammen hatten.
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